
Glockenheide (Erica tetralix)
Wenn im August die Lüneburger Heide er-blüht, ist es keineswegs „die Erica“, die dort blüht, sondern Calluna, die Besenheide.
Der einprägsame Name Erica, der allen GartenliebhaberInnen geläufig ist, gilt nur für eine Gattung von Heidekräutern mit glockenförmigen Blüten. In Süd- und West-europa gibt es eine ganze Reihe von Erica-Arten, die bei uns als Gartenpflanzen beliebt sind, weil sie teilweise sogar im Winter blü-hen. Einheimisch ist in Norddeutschland aber nur eine Glockenheideart, nämlich die Moor- Glockenheide (Erica tetralix).
Kennzeichen der Moor-Glockenheide sind feine Borstenhärchen auf den stumpf nadel-förmigen Blättern, die quirlförmig zu viert am Stengel sitzen. Die hübschen rosa Blüten-glocken sind eine beliebte Bienenweide und schmücken feuchte Dünentäler und Moore den ganzen Juli und August über.
Als mehrjähriger Zwergstrauch überdauern die unteren Zweige der Glockenheide den Winter und behalten auch ihre Blättchen. Die Blütenstiele wachsen alljährlich neu her-an.
Wo ist die Glockenheide zu finden?
Auf nassen, sauren und nährstoffarmen Böden mit einem hohen Gehalt an Rohhumus, also insbesondere auf moorigen Standorten, ist die Glockenheide in Norddeutschland verbreitet.
Sie kennzeichnet in den Dünentälern der Küste die tieferen Bereiche, die im Sommer durch aufsteigendes Porenwasser ständig feucht bleiben und in manchen Wintern für einige Mo-nate unter Wasser stehen können. Eine noch längere Überflutung übersteht die Glockenhei-de jedoch nicht, sie ertrinkt dann.
Die Glockenheid ist der Gegenspieler kleiner, kurzlebiger Dünenpflanzen wie Sonnentau und Zwerglein, die auf offene Bodenstellen zum Keimen angewiesen sind. In nassen Jahren er-trinkt die Glockenheide und macht den „Pflan-zenzwergen“ Platz; in trockenen Jahren erholt sie sich und verdrängt die „Zwerge“ – ein emp-findliches Gleichgewicht.
Hätten Sie gedacht, dass…
… der Name Erica etralix (griech.) übersetzt „die vierstrahlige Zerbrechliche “ bedeutet und sich auf die vierblättrigen Blattquirle und das spröde Holz der Glockenheide bezieht?
… die Gattung Erica aus Südafrika stammt, wo 580 der weltweit etwa 600 Erica-Arten vorkommen?
… einige Erica-Arten in Südeuropa mehrere Meter hoch werden und ausgedehnte Wälder bilden?
… die Moor-Glockenheide nur in den atlantischen Küstenregionen mit milden Wintern vorkommt, da sie starken Frost nicht erträgt? In Süddeutschland ist sie selten und wächst nur an wenigen Orten.
… unsere Glockenheide viel von Bienen besucht wird, während die im Winter blühende Schneehei-de oft auf Selbstbestäubung zurückgreift?
… die Glockenheide so wie viele Zwergsträucher in Symbiose mit Wurzelpilzen lebt (Mykorrhiza), die ihr helfen, Nährsalze aus dem Humus zu lösen?
… die Samen der Glockenheide so fein staubartig sind, dass sie ebenso leicht schweben wie Nebel-wolken und vom Wind weit verbreitet werden?
… 100.000 Samen der Glockenheide 1 g wiegen?