
Nachtkerze (Oenothera spec.)
Haben Sie schon mal an einem lauen Sommerabend in der Dämmerung zugese-hen, wie die Nachtkerze ihre Blüten öffnet?Mit etwas innerer Ruhe gehört dies zu den schönsten Naturerlebnissen des Sommers.
Es dauert etwa 3 Minuten, bis die neuen Blüten, die sich nur für eine Nacht und den folgenden Tag öffnen, ihre grünen Hüllen gesprengt und sich vollständig entfaltet ha-ben. Sie locken Nachfalter und andere In-sekten mit ihrem Duft an und welken in der Sonne des nächsten Tages bald dahin.
Nachtkerzen sind mit ihren vierblättrigen hellgelben Blüten und den lang herausra-genden Staubblättern unverwechselbar. So markant jedoch die Gattung insgesamt ist, so schwierig sind die einzelnen Arten zu un-terscheiden. Es gibt groß- und kleinblütige Arten, gesägte und glatte Blattränder, rot ge-tupfte oder einfarbige Stängel und nickende oder aufrechte Blütenstände.
Ist der Blütenstand am Ende umgebogen, handelt es sich meist um die Sand-Nacht-kerze. Bei aufrechtem Stängel (s. Foto) ist der Fall schwieriger und die Bestimmung nur Fachleuten möglich.
Wo sind Nachtkerzen zu finden?
Als Einwanderer aus Amerika führen die Nachtkerzen bei uns ein Lückenspringer-Dasein an Stellen mit gestörter Pflanzendecke.
Naturnahe Standorte können sie nur selten be-siedeln. Besonders häufig stehen sie an Bahn-dämmen. An den Küsten gedeihen sie oft in Dünen in Ortsrandlage. Sie benötigen lockere, am liebsten kalkreiche Böden.
Alle heimischen Nachtkerzen gemeinsam ist die Blütezeit zwischen Juni und August und die imposante Größe von 0,5 – 1,5 m.
Trotz ihrer Größe und des holzigen Stängels sind die Nachtkerzen kurzlebige Pflanzen. Im Frühjahr bilden sie eine Grundblattrosette, aus der im selben oder spätestens im nächsten Sommer der Blütenstand emporsprießt. Im Herbst reifen zahlreiche kleine Samen in den bis 5 cm langen Samenkapseln heran.
Hätten Sie gedacht, dass…
… Nachtkerzen früher unter dem Namen Rapontika oder Schinkenwurzel als Gemüsepflanze sehr po-pulär waren? Angeblich gibt ein Pfund Rapontika-wurzel mehr Kraft als ein Zentner Ochsenfleisch…
… die europäischen Nachtkerzen Kreuzungen (Hy-bride) amerikanischer Arten sind, die im 17. Jh. als Gemüse- und Zierpflanzen nach Europa kamen?
… in Europa viele Hybridarten vorkommen, die im Ursprungsland Amerika nie festgestellt wurden?
… viele der Hybride durch Selbstbestäubung gene-tisch stabil bleiben und sich somit als eigene Arten fortentwickeln?
… auch in Deutschland jederzeit mit der Entste-hung weiterer Nachtkerzen-Hybridarten zu rechnen ist? Die Gruppe befindet sich in rasanter Evolution.
… Nachtkerzenblüten mit kurzem Griffel sich meist selbst befruchten, während langgriffelige Art durch ihren Duft Nachfalter zur Bestäubung anlocken?
… der Wurzelstock der einjährigen Pflanze – nach dem Sammeln geschabt, kurz in Essigwasser ein-gelegt und dann gekocht – ein leckeres Gemüse abgibt, das ähnlich wie Schwarzwurzel schmeckt?