Ockerbindiger Samtfalter (Hipparchia semele)

In den Dünen ringsumher kriecht und fliegt und flattert er… Die Rede ist hier vom einzigen typischen Tagfalter der Küstendünen, der ab Juli vielerorts zu beobachten ist.

Der Ockerbindige Samtfalter ist ein eher un-auffälliger Schmetterling, der keineswegs den ganzen Tag über durch die Luft gaukelt. Viel Zeit verbringt er gut getarnt am Boden sitzend. Hier verschwimmt er durch seine grau gemusterten Flügelunterseiten augenblicklich mit der Umgebung und ist nur schwer zu entdecken. Die farbigen Flächen der Vorderflügel und der auffällige Augenfleck werden völlig von den tarnfarbigen Hinterflügeln verdeckt.

Meist sitzt der Falter völlig bewegungslos, eventuelle Bewegungen erfolgen ruckartig, so dass er im nächsten Augenblick wieder unsichtbar ist. Besonders bei Wind, wenn ein Auffliegen schnell zu einer Verdriftung führen kann, fliegen die Falter nur ungern auf. Dann kann man sich vorsichtig auf 1-2 Meter annähern und das Tier betrachten, sofern man sich gebückt nähert. Viel Erfolg beim Anpirschen!

Wie lebt der Samtfalter?
Die Art ist in ganz Europa verbreitet, von Spanien bis zur Türkei und nach Schweden.

Sie besiedelt nur baumfreie, trockene Biotope. Diese Bindung an Trockenstandorte ergibt sich aus der besonderen Lebensweise der Raupe: Sie frisst zwar an verschiedenen Grassorten, jedoch nur ab Sonnenuntergang bis zum Einsetzen des nächtlichen Taufalls. So entgeht sie der Aufmerksamkeit hungriger Vögel einerseits und der nächtlichen Kälte andererseits. Sie ist jedoch an Standorte gebunden, die noch eini-ge Stunden nach Sonnenuntergang Bodenwärme abgeben oder ohnehin extrem trocken sind.

Die Falter fliegen von Juli bis September, die Eier werden einzeln am Grund trockener Grashalme abgelegt. Im nächsten Frühjahr wächst die Raupe heran, verpuppt sich Anfang Juni und schlüpft nach 3 Wochen als neuer Falter.

Hätten Sie gedacht, dass…
… der wissenschaftliche Artname an Semele, die Mutter des Weingottes Bacchus erinnert, durch den Gattungsnamen Hipparchia = Pferdepo aber wenig schmeichelhaft ist?
… die Art im Deutschen auch „Rostbinde“ heißt?
…der Samtfalter zu der grossen Familie der Augen-falter gehört, die alle einen oder mehrere markante Augenflecken auf den Flügeln tragen?
… der Falter oft Sonnenwärme tankt, indem er die Flügel so schräg stellt, dass eine Seite senkrecht von den Sonnenstrahlen getroffen wird?
… der Falter Wind meidet und sowohl zum Sonnen als auch zur Eiablage windstille Ecken aufsucht?
… sogar große Teile des Balzverhaltens vor der Paarung windgeschützt am Erdboden stattfinden?
… die Falter nicht nur Blüten besuchen, sondern auch an Baumsaft, Schweiß und Urin saugen?
… die Art im Süddeutschland durch die Zerstörung nährstoffarmer Trockenstandorte stark rückläufig ist, während sie an der Küste und in Sandgebieten Norddeutschlands noch relativ häufig ist?