Kaktusmoos (Campylopus introflexus)

Noch ehe die Vegetationsperiode richtig beginnt, gibt es in der offenen Küstenland-schaft einige Frühstarter, die schon jeden Sonnenstrahl ausnutzen können.

Die Bodenfechte des Winters ist gerade in den Dünen günstig für eine Pflanzengruppe, die sonst in ihrem Wasserhaushalt schutzlos den äußeren Einflüssen ausgeliefert ist: für die Moose.

Ein auffallendes Moos der Küstendünen, das hier allerdings erst seit wenigen Jahr-zehnten vorkommt, ist das Kaktusmoos. Sei-nen Namen hat es von den bei Trockenheit waagerecht abstehenden haarfeinen Blatt-spitzen, die dann wie ein weißlicher Sta-chelpelz das hell- bis olivgrüne Moospol-ster überziehen.

Für die sichere Arterkennung muss man Blattquerschnitte unter dem Mikroskop be-trachten. Das Kaktusmoos ist aber an der Küste durch seine teppichartige Wuchsform gut erkennbar: Es bildet feste, geschlossene 5 cm dicke Polster, die nur vereinzelt von anderen Pflanzen durchbrochen werden.

Bei Trockenheit bildet die Kaktusmoosdecke Risse, und stellenweise reißen Fasane oder Kaninchen Löcher in den grünen Teppich.

Wo ist das Kaktusmoos zu finden?
Die Art stammt aus Australien, Südamerika und der Südsee, ist also auf der Südhalbkugel heimisch. Im Gefolge des Menschen hat sie um 1940 England erreicht, um 1960 Frankreich und die Niederlande, kurz darauf das Münster-land, und heute ist die Art von Island bis Spa-nien und Polen sowie im Westen der USA und Kanadas verbreitet.

Sowohl in West- und Ostfriesland als z.B. auch auf Amrum und Sylt ist die Art mittlerweile häu-fig und breitet sich weiter aus.

Das Kaktusmoos besiedelt trockene, nährstoff-arme Böden, vor allem Sand. Im Binnenland wächst es oft nur in kleine Flecken, doch in den küstennahen, luftfeuchten Heiden bildet es dichte, viele Quadratmeter große Teppiche. Hauptsächlich Silbergrasfluren werden vom Kaktusmoos überwuchert. In Großbritannien und Kananda wächst es dagegen meist auf feuchten Torfböden. Es scheint andere Pflan-zen zurückzudrängen, aber nicht auszurotten.

Hätten Sie gedacht, dass…
… der wissenschaftliche Name übersetzt „einwärts gebogener Krummfuß“ heißt, was sich auf die bei Trockenheit eingerollten Sporenkapseln bezieht?
… das Kaktusmoos auch „Heidepest“ oder sogar
„Leichentuch der Dünen“ genannt wird, weil es sich teppichartig in der Dünenheide ausbreitet und an-dere Pflanzen verdrängt?
… das Moos sich überwiegend durch abgerissene Triebspitzen verbreitet, die in Holland angeblich von Panzern weit verschleppt wurden?
… die Art auch Sporen bildet, die in 1,5 mm langen braunen Kapseln auf 1 cm langen Stielen wachsen?
… sich die dicken Moosteppiche im Sommer stark aufheizen, wobei das Moos 2/3 seines Gewichtes verliert und komplett in Trockenruhe verfällt?
… Kaktusmoos viel konkurrenzstärker als andere Moose ist, weil es mit weniger Wasser, weniger Licht und weniger Wärme auskommt als heimische Moosarten der Sandtrockenrasen?
… das Kaktusmoos zwar andere Dünenpflanzen wohl nicht gefährdet, aber freie Sandflächen über-wuchert, die für sonnenbedürftige Kleintiere wie Grabwespen lebenswichtig sind?