
Reife Moosbeeren (Oxycoccus palustris)
Viele Pflanzen der Küste sind sehr klein-wüchsig, auch die Gehölze. Aber unter den Zwergsträuchern der Küstenheide ist keine Art so zwergenhaft wie die Moosbeere.
Ihre zu dünnen Fäden rückgebildeten „Stämme“ kriechen flach über die Torfmoos-polster der feuchten Dünentäler. Die kaum 5 mm langen Blättchen sind nur mit geschul-tem Blick zu finden. Und doch ist die Pflanze im Herbst ganz einfach zu entdecken: Ihre oft 1 cm großen, gelb-rot gesprenkelten Beeren strahlen aus den Moospolstern der Feuchtheide. In manchen Jahren fruchtet die Moosbeere so reichlich, dass es stellen-weise lohnt, sie zu sammeln und zu Marme-lade zu kochen. Ihre herben, sehr Vitamin C-reichen Früchte sind roh nicht jedermanns Sache, aber als Marmelade exquisit.
Noch unbekannter als die Früchte sind die zierlichen rosa Blüten der Moosbeere, die im Mai/Juni erblühen: Sie sitzen an einem auf-rechten Stängel. Die vier Blütenblätter sind zurückgeschlagen, Staubbeutel und Narbe formen eine Röhre. Damit erinnert die Blüte ein wenig an ein winziges Alpenveilchen.
Wo ist die Moosbeere zu finden?
Wie viele andere Pflanzenarten der feuchten Dünentäler stammt die Moosbeere aus den Mooren und Tundren Skandinaviens.
Sie ist besser als jedes andere holzige Ge-wächs an extrem nährstoffarme und zudem saure Standorte angepaßt. Ihre kleinen, ledri-gen Blätter sind durch viel Festigungsgewebe so hart und „unappetitlich“, dass sie von Pflan-zenfressern meist verschmäht werden und der Pflanze mehrere Jahre erhalten bleiben. Die wachsige Blattunterseite und die eingerollten Ränder der herzförmigen Blätter schützen ge-gen Wasserverluste im Winter, wenn die Moospolster unter der Pflanze gefroren sind und kein Wasser liefern.
Die bis 80 cm langen Ranken der Moosbeere kriechen flach über nasse Moospolster. Oft ist in ihrer Nähe der Rundblättrige Sonnentau zu finden. Beide Arten kommen nur an den nas-sesten Stellen unserer Dünentäler und in ech-ten Hochmooren vor.
Hätten Sie gedacht, dass…
… der wissenschaftliche Name Oxycoccus sich vom griechischen „oxys“ = scharf/sauer und „kok-kos“ = Beere ableitet, also treffend den Geschmack der rohen Beeren bezeichnet?
… die rohen Moosbeeren deutlich schmackhafter werden, wenn sie einmal durchgefroren sind?
… es eine 1830 aus Nordamerika eingeschleppte zweite Art bei uns gibt, die Großfrüchtige Moosbee-re mit bis zu 2 cm dicken, dunkelroten Früchten?
… die Großfrüchtige Moosbeere kultiviert wird und die in Kanada beliebten „Cranberries“ liefert?
… die Cranberry in den Dünentälern einiger Inseln flächendeckende Polster bildet, was ein Problem für Sonnentau und andere Minipflanzen sein kann?
… Moosbeeren im Binnenland kennzeichnend für die letzten intakten Hochmoore mit schwimmenden Torfmoospolstern sind?
… das Sammeln von Moosbeeren heute nur noch in Ausnahmefällen möglich ist, weil praktisch alle Standorte in Naturschutzgebieten liegen?
… die Raupe des sehr seltenen Moosbeeren-Grau-spanners nur die harten Moosbeer-Blätter frißt?