
Reifende Rauschbeerfrüchte (Vaccinium uliginosum)
In der Atlantischen Küstenheide – so nennen Botaniker die mit Zwergsträuchern bedeckten Braundünen der Nordsee – ist der Juli der Beerenmonat. Auf den Dünenkuppen reifen die Krähenbeeren in großer Menge, und am Rand der feuchten Dünentäler gibt es blaue Beeren, die jedoch keine Blaubeeren sind.
Es ist die Rauschbeere, die sich in mehre-ren Merkmalen von der nahe verwandten Heidelbeere unterscheidet: Ihre Blätter sind blaugrün und eiförmig statt hellgrün und zu-gespitzt, ihre Stiele sind rund statt kantig, und die Beeren haben einen farblosen Saft, hinterlassen also keine lila Flecken auf Lip-pen, Fingern und Kleidungsstücken.
Die Rauschbeere hat im Mai geblüht, wobei die hängenden Blütentrauben aus kleinen rosa Glöckchen vor allem den Hummeln und Bienen auffallen. Die Beeren wachsen schnell heran, sind aber zunächst weißlich und bekommen erst zur Reife ihre matt blaue Färbung. Sie vergären nach einigen Wochen am Strauch oder werden von Vö-geln mit ihrem Beerenhunger verspeist.
Wo ist die Rauschbeere zu finden?
Die Pflanze ist ein Besiedler saurer, feuchter Böden und kommt in kühlen Klimaten der gesamten Nordhalbkugel bis weit in die Polar-region vor. In Deutschland ist sie vor allem in den Alpen bis 2500 m Höhe sowie in den Mooren Norddeutschlands anzutreffen.
Wie alle Heidekraut-Verwandten lebt die Rauschbeere in Symbiose mit Pilzen, die als sogenannte Mykorrhiza ihre Wurzeln umhüllen und aus dem Rohhumus des Bodens Mineral-stoffe herauslösen. Dies erlaubt es der Art, auf den nährstoffarmen Torfböden von Zwischen-und Hochmooren zu gedeihen.
In der Dünenheide ist die Rauschbeere am Rand der im Winter von steigendem Grund-wasser überfluteten Dünentäler zu finden, oft in Gesellschaft der Kriechweide und des Pfei-fengrases. Der Strauch wird 50 – 80 cm hoch, ist langlebig und wirft im Herbst seine Blätter ab.
Hätten Sie gedacht, dass…
… die Art auch Trunkelbeere heißt, weil nach dem Genuss der Beeren rauschartige Vergiftungen auf-treten können, die an Trunkenheit erinnern?
… diese Vergiftungen aber selten auftreten, weil sie nur von faulen Beeren verursacht werden, die von dem Fruchtfäulepilz Sclerotinia befallen sind?
… in den Alpen eine kleinwüchsige Form der Rauschbeere vorkommt, die weniger Früchte und nur halb so viele Chromosomen hat wie unsere nordische Unterart?
… die getrockneten Früchte (wie die der Blaubeere) ein wirksames Heilmittel gegen Durchfall & Darm-infektionen sind, da sie Gerbstoffe und quellfähige Pektine in sehr günstiger Mischung enthalten?
… der gerbstoffreiche Presssaft aus den Blättern gegen Mundinfektionen hilft?
… Blätter der Blaubeere früher bei Diabetes als Tee verwendet wurden, was bei langfristiger An-wendung aber zu Vergiftungserscheinungen führt?
… Rauschbeeren in der sibirischen Taiga ein be-liebtes Obst sind und in verschiedensten Gerichten als Kompott, Saft oder roh verwendet werden?